Hauptamtliche Präventionsbeauftragte gegen sexuelle Gewalt

Anne Hölscher wechselt vom Ehren- ins Hauptamt in der Pfarrei St. Dionysius. Pfarrer Thomas Lemanski stellte die 50-Jährige, die schon seit 2014 im Runden Tisch Prävention tätig ist, als neue Präventionskraft gegen Missbrauch und sexualisierte Gewalt vor.

Missbrauch und sexualisierte Gewalt: Kaum ein anderes Thema hat die katholische Kirche in den vergangenen Jahren in eine derartige Glaubwürdigkeitskrise gestürzt. „Für uns als Pfarrei kann daher nur gelten, dass wir eine Kultur der Achtsamkeit und der Angstfreiheit pflegen“, sagt Thomas Lemanski, leitender Pfarrer in St. Dionysius. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist die Ernennung einer hauptamtlichen Präventionsbeauftragten. Anne Hölscher, die gebürtig aus Rheine stammt und heute in Mesum lebt, übt das Amt seit dem 1. September aus und wurde jetzt der Öffentlichkeit vorgestellt.


„Frau Hölscher ist nicht von der Pfarrei angestellt, sondern übt ihr Amt auf Honorarbasis aus, um so eine möglichst große Unabhängigkeit zu gewährleisten“, erläutert Pfarrer Lemanski. Seit 2014 ist die gelernte Physiotherapeutin und Gymnastiklehrerin, die auch für den ETuS Rheine als Sportfachkraft tätig ist, ehrenamtlich für die Pfarrei tätig.


Als Mitglied des „Runden Tisches Prävention“ hatte sie schon reichlich Berührungen mit dem Themenkreis sexualisierte Gewalt und deren Vorbeugung. Von 2013 bis 2015 absolvierte sie auch eine zweijährige Ausbildung zur Trainerin im Bereich Prävention beim Kinderschutzbund. Erste Kontakt zur Pfarrei St. Dionysius baute sie bei der Schulung von Katechetinnen für die Vorbereitung auf die Erstkommunion auf.


„Unser Kirchenvorstand hat beschlossen, dass Frau Hölscher als Ansprechpartnerin an allen Gremien und hauptamtlichen Seelsorgern vorbei erreichbar ist“, erläutert Pfarrer Lemanski, der angesichts der Vorfälle in der katholischen Kirche ganz klar sagt: „Man muss es benennen.“

Auch in der Pfarrei St. Dionysius hat es den Fall eines Priesters gegeben, der seine Grenzen nicht kannte, indem er im Übermaß elektronische Kurzbotschaften mit unangemessenen Inhalten versendete und damit einigen Gläubigen deutlich zu nahe trat. Der Priester verlor umgehend seine Stellung im pastoralen Raum links der Ems.


Am Anfang der Arbeit der neuen Präventionsbeauftragten steht eine Risikoanalyse. „Dabei werden auch unsere Gebäude auf den Prüfstand gestellt“, nennt Lemanski ein Beispiel. Wo gibt es etwa in den Kirchen oder in den Pfarrheimen versteckte Ecken, die einem Triebtäter Gelegenheiten bieten könnten?


Anne Hölscher wird durch sämtliche Gruppen und Gremien der Pfarrei gehen und das Gespräch suchen. „Gerade bei den Erwachsenen gilt es, die Angst aus dem Thema zu nehmen“, betont sie. Und die Kinder müssten da abgeholt werden, wo sie stehen. „Wir müssen sensibel werden und die Kinder wahrnehmen“, sagt sie.


Und gerade bei den Heranwachsenden müsse deutlich unterschieden werden. „Manches im Verhalten Pubertierender ist völlig normal“, sagt die Präventionsbeauftragte, die zum Beispiel in Gruppen das Thema „Sex und Sprache“ in den Mittelpunkt stellt. „Da muss jeder sich selbst reflektieren“, fordert sie. Beim Beschwerdeweg in Sachen Missbrauch und sexualisierte Gewalt soll Anne Hölscher demnächst die letzte Instanz sein.

 

Text + Bild www.mv-online.de