Kunstinstallation in St. Dionysius

Schaukel und Spiegel sind entscheidende Elemente in der Installation „Selig schaukeln, glauben, hoffen und lieben auf eigene Gefahr“, die der Osnabrücker Künstler Mario Haunhorst in der Fastenzeit in der Stadtkirche St. Dionysius auf das Publikum wirken lassen will.

Mehr als 500 Jahre ist der in der Spätgotik entstandene Kirchenraum von St. Dionysius jetzt alt. Konzipiert worden ist der von Gewölben überspannte Raum von seinen Erbauern im 15. Jahrhundert als Abbild des Paradieses. „Wie im Himmel sollte sich fühlen, wer im Mittelalter oder in der Frühen Neuzeit durch die Paradiespforte in den Kirchenraum eintrat und den Blick zu dem mit Weinranken geschmückten, in die Höhe strebenden Gewölbe erhob“, sagt Mario Haunhorst (52).

 

Mehr als ein Jahr lang hat sich der Osnabrücker Künstler auf Einladung der Pfarrei anlässlich des 500-jährigen Kirchenjubiläums mit der Stadtkirche künstlerisch auseinandergesetzt. „Ich habe zuerst den Raum auf mich wirken lassen und dann nach einzelnen Orten im Kircheninnern gesucht, an denen eine besondere Beziehung zu Gott hergestellt wird“, beschreibt er den Beginn eines Prozesses, an dessen Ende die Idee zur Installation einer doppelten Himmelsschaukel, die mit zwölf kreisrunden, über den gesamten Kirchenraum rund um die Installation verteilten Spiegeln in Beziehung tritt.

 

„Irgendwann ist mir aufgefallen, dass die Menschen, die vor 500 Jahren die Kirche erbauten, einen gesamten Kosmos gestaltet und ein Abbild des Himmels geschaffen haben“, erläutert Haunhorst den gedanklichen Prozess, der sich in zahlreichen Gesprächen, unter anderem mit Mitgliedern des aktuellen Seelsorgeteams von St. Dionysius verfestigt hat. „Und irgendwann war die Idee da, diesen symbolischen Himmel im Kirchenraum buchstäblich etwas weiter auf die Erde zu holen“, beschreibt er das Konzept, das hinter der Installation steht, die den zuspitzenden Titel trägt: „Selig schaukeln, glauben, hoffen und lieben auf eigene Gefahr!“

 

An den beiden Karnevalstagen vor Aschermittwoch wird die Doppelschaukel im mittleren Gewölbe des Hauptschiffs installiert und kann während der Fastenzeit von Kirchenbesuchern aktiv genutzt werden. „Die Idee ist, auf diese Weise zwei Menschen miteinander schaukeln zu lassen, die sich anschauen und aufeinander bezogen sind“, fordert Haunhorst die Kunstinteressierten auf, aktiv zu werden und aus der Bewegung heraus auch die inhaltliche Auseinandersetzung zu Glaubensfragen zu suchen. „Die zwölf Spiegel, die sich um die Schaukel gruppieren, sind nach oben gerichtet und spiegeln ebenfalls Teile des Deckengewölbes wider“, erläutert der Künstler. Die einzelnen Gestaltungselemente – Texte des Neuen Testamentes oder von zeitgenössischen Theologen – laden ebenfalls zur Auseinandersetzung mit Kirche in heutiger Zeit ein.

 

„Wir suchen in unserem Jubiläumsjahr ganz bewusst die inhaltliche Auseinandersetzung: Wozu ist die Kirche in Rheine heute da?“, sagt der leitende Pfarrer von St. Dionysius, Thomas Lemanski. Ist Gott heute abwesend in seiner Kirche? Kann man Gott bewusst ausschließen? Solche und ähnliche kritische Fragen werden mit der aufwendigen Installation, die durchaus beabsichtigt auch mit dem von Gerhard Richter in der Dominikanerkirche in Münster installierten Kunstwerk „Zwei graue Doppelspiegel für ein Pendel“ korrespondiert, bewusst gestellt.

 

Eröffnet wird die Rauminstallation und Performance von Mario Haunhorst in der Stadtkirche St. Dionysius am Aschermittwoch, 26. Februar, im Anschluss an den 17-Uhr-Gottesdienst, bei dem auch das Aschekreuz verteilt wird. Bis zum fünften Fastensonntag, der Dauer des Kunstprojekts, gibt es dann feste Zeiten für das Schaukeln und Dialog.

 

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